ND - neue diffusion
ein dokumentationsprojekt
AKADEMIE FÜR KULTUR- UND WISSENSCHAFTSWISSENSCHAFT - ABE
INSTITUT FÜR STUDIEN DER MUSIKKULTUR DES PORTUGIESISCHEN SPRACHRAUMES - ISMPS
50 Jahre
Hochschullehre und Forschung
Ethnomusikologie und Ästhetik
Prof.Dr. Antonio Alexandre Bispo
DEUTSCH-BRASILIANISCHES MUSIKFORUM
MUSIK DER WELT – BRASILIEN
LEICHLINGER MUSIKFORUM 1981/82
UND MUSIKSCHULWOCHE
vom 26. September bis zum 1. Oktober 1982
Im Gedenken an den Leichlinger Julius Pohlig (1842-1916)
- Erbauer der Seilbahn auf den Zuckerhut 1913 -
Leitung: Dr. Antonio Alexandre Bispo
Musikschule der Stadt Leichlingen, Verband Deutscher Musikschulen
Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft - SBM
in Zusammenarbeit mit Sueli Bispo-Steden, Mitarbeitern, Dozenten und Schülern
Unterstützungen
Botschaft der Föderativen Republik Brasilien, Bonn. Verband Deutscher Musikschulen. Musikwissenschaftliches Institut der Universität Köln. Portugiesisch-brasilianisches Institut der Universität Köln. Musikhochschule Köln. Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft. Brasilianische Gesellschaft für Folklore
Programm
Rathaus der Stadt Leichlingen
Rede vor dem Stadtrat zum Konzept der Musikschule Leichlingen
Musikpädagogik und Musikwissenschaft in globalen Prozessen
Multilaterale Bezienhungen in Zeiten multikultureller Entwicklungen
Dr. Antonio Alexandre Bispo
Leitgedanken des Leichlinger Musikforums
Kultur und Kunst
Menschrechten - und pflichten
Dr. Thomas Freund
Aula am Hammer
Eröffnung des I. Musikforums
Karl Reul
Bürgermeister der Stadt Leichlingen
Grußworte
Brasilianische Botschaft
Deutsch-Brasilianische Gesellschaft
Brasilianische Gesellschaft für Musikwissenschaft - SBM
Leichlingen - Rio de Janeiro
Akt an Denkmal von Julius Pohlig (1842-1916)
am Stadtpark von Leichlingen
26. September, 19:00 Uhr
Eröffnung der Ausstellung
von Werken nach brasilianischen Themen
von Luís Antonio de Castro Mendes
BRASILIEN - EIN LAND UND SEINE MUSIK
Vielfalt in Musik und Bild
Diversität in Geschichte und Gegenwart
Multimedialer Diavortrag
aus einer Kontakt- und Studienreise zur Herstellung multilateraler Beziehungen
São Paulo, Rio de Janeiro, Minas Gerais, Bahia, Alagoas, Sergipe, Pernambuco, Paraíba, Rio Grande do Norte, Ceará, Maranhão, Pará, Amazonas, Paraná, Santa Catarina, Rio Grande do Sul
Dr. Antonio Alexandre Bispo
Dr. Harald Hülskath
und Mitarbeiter
Das Bild eines Landes stellt einen wichtigen Gegenstand der Betrachtung in den Kulturstudien in internationalen Beziehungen dar. Es ist für die Diplomatie in all ihren Aspekten von grundlegender Bedeutung. Es kann wirtschaftliche Entwicklungen fördern oder beeinträchtigen, politische und kulturpolitische Beziehungen vertiefen oder schwächen, den akademischen Austausch und die Kooperationen in Kunst, Kultur und Wissenschaft begünstigen oder verhindern.
Die Arbeit von Kulturinstituten wie das Goethe-Institut und die Alliance Française etwa legen Zeugnis für das Bewußtsein für die Bedeutung des Images eines Landes im Ausland ab. Sie dienen nicht nur der Vermittlung von Kenntnissen zweckfrei im leeren Raum, zur Verbreitung von Wissen zu Illustration und Befriedigung von Neugier, zur eitlen Selbstdarstellung, sondern auch zur Vermittlung eines Bildes des Landes, das Botschaften übermittelt und Folgen nach sich zieht, die die Vertiefung und Entwicklung von Beziehungen fördern.
Die Risiken, ein bestimmtes Bild vermitteln zu wollen, sind aus propagandistischen Unternehmungen früherer Zeiten bekannt. Die 1622 in Rom errichtete Propaganda Fide diente nicht nur einer doktrinären Verbreitung des Glaubens, sondern auch der Anziehung, der Gewinnung, der geistigen Eroberung, des Anwerbens. Das Unwohlsein, das dem Begriff der Propaganda anhaftet, erklärt sich vor allem durch seine Verwendung von autoritären nationalistischen Regimen der nahen Vergangenheit, deren Mittel und Auswirkungen noch im Bewußtsein aller lebendig sind. Für ihre Zweck der nationalen Propaganda eines Landes wurden vor allem Volksmusik, folkloristische Tänze und Inszenierungen des Volkslebens in glorifizierendem Sinn verwendet.
Nicht nur in faschistischen Diktaturen wurde diese nationale Propaganda angewendet, sondern ihre Mittel sind auch aus dem Sowjetraum und selbst aus der DDR bekannt. Sie sind auch in Kulturprogrammen der Außenpolitik vieler Staaten, vor allem auch Süd- und Mittelamerikas festzustellen, die Aufführungen folkloristischer Prägung fördern, bei denen Musik und Tanz von stilisierten Volkstradition und Popularmusik für eine fröhliche, euphorische Stimmung sorgen und als Sympathieträger wirken.
Diese Veranstaltungen verändern sich im Verlaufe der Zeit. Das Bild eines Landes, das sie vermitteln, ist nicht die Abbildung eines unveränderbaren Ganzen, gleichsam einer Wesenheit, sondern eine Momentaufnahme in einem historischen Prozeß, die auch stark retuchiert sein kann.
Die Historizität des Bildes eines Landes, seine Wandelbarkeit, soll im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Viel zu oft wird ein Land unter plakativen Sichtweisen gesehen, die von vermittelten Bilder herrühren und den komplexen Entwicklungen, die es erfährt, nicht gerecht werden. Sie können sowohl Vorurteile festigen, aber auch in positivem Sinn Illusionen schaffen. Die Veranstaltungen zur Glorizierung oder zur Weckung von Begeisterung für eine Nation bringen jedoch eine andere Problematik zum Ausdruck: die Instrumentalisierung von Volksmusik, Volkstänzen, Volksdarstellungen, die herausgelöst aus ihren Kontexten der Inszenierung dienen. Ihre Einbeziehung in diese Veranstaltungen setzt volkskundliche Forschung und Arbeit voraus, die dabei in den Dienst einer bestimmten repräsentativen Aufgabe gestellt werden. Diese Instrumentalisierung wirkt aber auch auf die Forschung in verschiedener Weise zurück. Sie vermittelt ein Bild an Forscher des Auslandes, die sich mit bestimmter Erwartungen dem Land widmen, sich ihm mit vorgeprägten Sichtweisen und Meinungen annähern, mit ihren gleichsam folklorisierten Vorstellungen bei der internationalen Zusammenarbeit interferieren und mit der ihnen zugesprochenen Autorität auf thematische Gewichtungen und Orientierungen Einfluß ausüben. Dies stellt ein grundlegendes, schwerwiegendes Problem der Musikethnologie dar. Ethnologen und Anthropologen, die sich kraft ihres Amts für die ganze Welt zuständig fühlen, bilden zukünftige Forscher für Länder aus, die sie nie besucht haben.
Die Entwicklung der Medien und dadurch der Kommunikation und des Informationsaustausches verändert die Bedingungen, fördert die Diversifizierung und Demokratisierung bei der Vermittlung von Bildern. Sie eröffnet neue Möglichkeiten und erfordert neue Analysen von Prozessen der Auswahl bzw. Schaffung von Bildern, die wirken sollen. Diese neue Situation der Problematik des Bildes in Theorie und Praxis wurde erstmalig bei den Debatten diskutiert, die die Bühnen-Show Blow Up begleiteten, welche Anfang der 1970er Jahre in mehreren Regionen Brasiliens veranstaltet wurde. Die Überlegungen, die damals angestellt wurden, sollen im Rahmen des Musikforums der deutsch-brasilianischen Musikschulwoche wiederaufgenommen und fortgeführt werden.
Der mediale Vortrag soll zum Ausdruck bringen, dass deutsch-brasilianische Studien und Kulturstudien, die Brasilien gelten, nicht von einem plakativen Bild Brasiliens ausgehen sollten, das von "Samba, Fußball und Mulatinnen" geprägt ist. Diese geläufige Kennzeichnung ist zwar sympathisch und sympathiefördernd, aber nicht nur einseitig, sondern oberflächlich und irreführend. Sie hängt mit einer Kategorisierung von Gegenständen der Betrachtung und somit mit wissenschaftstheoretischen Fragen zusammen. Sie erschwert den Blick nicht nur auf die komplexe Vielfalt, sondern auf die Prozesse, die sie herbeiführen, bedingen und begleiten.
Anhand von Dias rezenter Studienreisen unter der Leitung des Musikschulleiters, die 1979 und 1980 in verschiedenen Regionen Brasiliens aufgenommen wurden, soll ein Einblick in den Zustand der Kulturforschung in Amazonas, Pará, Maranhão, Ceará, Rio Grande do Norte, Paraíba, Pernambuco, Alagoas, Sergipe, Bahia, Espírito Santo, Rio de Janeiro, Minas Gerais, São Paulo, Goiás, Mato Grosso, Paraná, Santa Catarina und Rio Grande do Sul vermittelt werden. Die Betrachtungen und Eindrücke sollen als Grundlage für die Diskussion dienen, die während des Musikforums durchgeführt wird.
26. September
Kursus: MUSIK DER WELT - BRASILIEN I
Dr. Antonio Alexandre Bispo und Mitarbeiter
Musikgeschichte Europa/Brasil
27. September
Kursus: MUSIK DER WELT - BRASILIEN II
Indigene Musik
Afro-brasilianische Musik
29. September
Konzert zum einjährigen Bestehen der Brasilianischen Gesellschaft für Musikwissenschaft
I. Teil
Franz Schubert (1797-1829)
Sonate „Arpeggione“ in a-moll
Heitor Villa-Lobos (1887-1959)
Pequena Suite
II. Teil
Edino Krieger (1928-)
Seresta (Homenagem a Villa-Lobos)
Johannes Berahms (1833-1897)
Sonate e-moll op. 38
Ausführende
Matias de Oliveira Pinto (Cello)
Huigiong Suh (Klavier)
30. September
Kursus: MUSIK DER WELT - BRASILIEN III
1. Oktober 1982, 15:00 Uhr
Salon- und Unterhaltungsmusik in den Tropen
Schülerkonzert
Leitung: Sueli Bispo-Steden
I.
Arthur Napoleão: Estrella Chilena op. 73 - Claudia Wirtz und Isabel v. Clanner
Aurélio Cavalcanti: Garbosa (Polka) - Petra Buske
Luís Júnior: A Flor da Pitangueira (Modinha) - Andrea Schmitt und Claudia Wirtz
José Leocádio: Paraquedista (Choro) - Claudia Wirtz
Zequinha de Abreu: Tico-Tico no Fubá (Choro sapeca) - Verena Müller und Isabel von Clanner
Ernesto Nazareth: Expansiva (Valsa) - Claudia Wirtz
Ernesto Nazareth: Você bem sabe! (Polka Lundu) - Christianne Neumann
Ernesto Nazareth: Fon-Fon!… - Gerd Daaßen
Ernesto Nazareth: Odeon (Tango brasileiro) - Isabel v. Clanner
Ernesto Nazareth: Brejeiro - Gerd Daaßen
II
A. Carlos Jobim: É preciso dizer Adeus (Samba canção) - Stefan Busch
João Mello: Sambou…Sambou… (Samba) - Stefan Busch
Roberto Menescal: O Telephone (Bossa Nova) - Stefan Busch
A. Carlos Jobim: Chega de Saudade (Bossa Nova) - Stefan Busch
Dorival Caymmi: Doralice (Bossa Nova) - Gerd Daaßen
Baden Powell: Deixa (Samba) - Gerd Daaßen
Chico Buarque de Holanda: Tem mais samba (Bossa Nova) - Isabel v. Clanner
Toquinho: Como dizia o poeta - Isabel v, Clanner
20:00 Uhr
Abschlusskonzert
Teilnehmer der Kurse der Musikschulwoche tragen erprobte Werke vor
Ensemble
Werke von Ernst Mahle und Osvaldo Lacerda
Leitung: Inge und Willi Hopstätter
Vortrag
Die Musik Brasiliens im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Musik und das Bild Brasiliens in Deutschland zur Zeit des Leichlingers Julius Pohlig
Dr. Antonio Alexandre Bispo
Abschlußkonzert
Einführung
Die Forschungsreise nach São João del Rey in Minas Gerais 1970 und die Aufführung der Matutinen von José Maria Xavier beim I. Internationalen Symposium „Kirchenmusik und Brasilianische Kultur“ am Tag der Gründung der Brasilianischen Gesellschaft für Musikwissenschaft
Pe. José Maria Xavier: Matinas do Natal de Nosso Senhor Jesus Christo a 4 Vozes e pequena Orchestra (München 1885)
Orchester und Chor
Leitung: Andreas Redlin
Kurs Chor-und Orchesterleitung der Musikschule Leichlingen